Dr. Michael Hollmann, Foto: PIEL media
Doch die deutsche VS-Landschaft ist archivalisch fragmentiert und nur ein Bruchteil der Geheimakten liegen im Bundesarchiv. Ob Stiftungen von Parteien, Landesarchive, Ämter und Institutionen wie das Bundeskriminalamt, der Bundesnachrichtendienst oder das Bundesamt für Verfassungsschutz – sie alle betreiben Archive mit mehr oder weniger geheimen Inhalten. Selbst Politiker von Adenauer bis Kohl haben beim Verlassen des Bundeskanzleramtes „Akten kurzerhand entstaatlicht und privatisiert“ (Josef Foschepoth). So einen umfassenden Überblick zu gewinnen, ist schwer genug. Die Geheimhaltung leistet ihren zusätzlichen Beitrag beim Bremsvorgang der Aufarbeitung.
Dabei geht es soweit, das ein und derselbe VS-Vorgang in einem Archiv unter Verschluss gehalten wird, in einem anderen frei zugänglich ist. Gerade dann, wenn es um brisante Staatsgeheimnisse geht, die durch die ehemalige DDR-Spionage im Westen abgefischt wurden, gibt es gute Chancen auf deren Einsichtnahme im Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der DDR-Staatssicherheit in Ostberlin. Zum gleichen Sachverhalt angesprochen, ist es durchaus gängige Praxis, dass man beim Bundesarchiv wegen anhaltender Geheimhaltung passen muss – ebenfalls ein Thema, auf das Michael Hollmann am 22. November eingehen wird.
Veranstaltungsort Bunker: Kulminationspunkt deutscher Staatsräson
Der ehemalige Regierungsbunker in Bad Neuenahr-Ahrweiler bietet für die Veranstaltung „Geheimes Deutschland“ eine ideale Plattform. Als „Staatsgeheimnis Nummer 1“ durch die Bonner Republik definiert, entzog sich das Bauwerk selbst jeglicher Einsichtnahme. Wie schwierig die Aufarbeitung um diese Unterwelt und die darin praktizierten Übungen heute ist, machen Archiv-Recherchen mehr als deutlich: Im Bundesarchiv, Koblenz, gibt es 24 Akten zum Bunker. 18 davon können aufgrund von Schutzfristlaufzeiten einer öffentlichen Bearbeitung nicht zur Verfügung gestellt werden, zwei endeten nach Ende der Fristen nicht im Lesesaal, sondern im Schredder. Wenn die letzten Geheimakten im Jahr 2020 „entsperrt“ werden, gibt es den Bunker bereits seit 22 Jahren nicht mehr. Bis dahin würden – bei gleichbleibendem Besucherinteresse – eine Million Menschen als Gäste der Dokumentationsstätte das Staatsgeheimnis kennengelernt haben und ausführlich zu Hintergründen informiert – auch zum VS-Dilemma deutscher Archive. Das ist schon heute den Besuchern nur schwer erklärbar.
„So gelangt man unweigerlich zu einer Politikgeschichte, die das Handeln des politischen Hauptakteurs, des Staates, kommunikativ beschweigt“, beschreibt Josef Foschepoth. Der Regierungsbunker als Kulminationspunkt einer Staatsräson und Verwahrort staatlicher Ordnung im Extremfall wird nun zur Bühne, die das komplexe Thema Geheimhaltung und Geschichtsschreibung ins Rampenlicht stellt.
Die Veranstaltung „Geheimes Deutschland: Geheimhaltung vs. Geschichtsschreibung“ findet am Samstag, 22. November 2014 ab 16 Uhr in der „Dokumentationsstätte Regierungsbunker, Bad Neuenahr-Ahrweiler“, Am Silberberg 0, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler statt und ist auf 100 Besucher begrenzt. Der Eintritt kostet 8 Euro; um 15 Uhr wird zur Einführung in das Thema eine Besichtigung des Regierungsbunkers angeboten und anhand konkreter Beispiele die Bearbeitung von VS vor Ort und um diesen Ort erläutert.
Nach den Vorträgen von Prof. Dr. Josef Foschepoth (16 Uhr), Prof. Dr. Jost Dülffer (17 Uhr) und Dr. Michael Hollmann (18 Uhr) stellen sich die Referenten in einer gemeinsamen Podiumsrunde (19 Uhr) den Fragen der Besucher. Zwischen den Vorträgen wird es kurze Pausen geben.
Anmeldung unter 02641 / 9117053 oder per mail
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